Premierenkritik Grenzecho (24.12.2013)

Wenn Männer Frauen werden

Schauspiel: "Der Hausmeister" feiert im Aachener Theater K Premiere
 
Was passiert im Spiel, wenn die Regisseurin den Text so nimmt, wie er ist, aber zwei Männerrollen durch Frauen ersetzt? Trotz Gendertheorie, es ändert sich einiges.
 
Annette Schmidt vom Aachener Theater K hat es gewagt und beim "Hausmeister" (Caretaker) des Literaturnobelpreisträgers Harold Pinter die Rollen Mick (Laura Thomas) und Aston (Anna Scholten) mit Frauen besetzt. "Der Hausmeister" feierte am Freitag Premiere.
 
Aston ist dann diejenige, die den zwielichtigen Kotzbrocken Davis (Jochen Deuticke) in das Haus ihrer Schwester aufnimmt. Jetzt geht das Leben weiter. Alle drei leben letztlich nebeneinander und agieren nur miteinander, wenn sie etwas voneinander wollen. Und das wollen sie immer.
 
Durch den Geschlechtertausch gewinnt das Stück an Doppelbödigkeit und Subtilität. Aston ist die altruistische "Mutter Teresa", die Davis Hemden und Schuhe besorgt und erst am Schluss genug von ihm hat. Mick ist hier nicht mehr der Trucker des Stücks, sie ist eine Truckerin, die bewusst ihre weiblichen Reize einsetzt, um ihr Ziel zu erreichen. Unterstützt wird Laura Thomas hier durch das Kostümbild. Sie tritt als Handwerker aber auch passend zur Situation als Vamp auf. Die Erotik ist ein belebendes und auch erheiterndes Element, die dieser Inszenierung zu mehr Subtilität und Hintergründigkeit verhilft. Auch wenn es nicht die eigentliche Intention des Stückes ist: "Der Hausmeister" ist schon von Pinter mit jeder Menge absurder Komik versehen, die Regie wie Schauspiel konsequent und passend umsetzen.
 
Schauspielerisch ist Theater-K-Stammschauspieler Jochen Deuticke hervorzuheben. Er suhlt sich geradezu in der Rolle des rassistischen, stinkenden Kotzbrockens und Schmarotzers Davis, der auch noch eine kriminelle Vergangenheit hat.
 
Es gehört schon Mut dazu, ein derart wortlastiges zweistündiges Stück heutzutage zu spielen.
 
Egal ob er die angebotenen Hemden ablehnt - "die sind ja nur kariert, ich will Streifen" - oder er vor Angst fast umkommt, als ihn Mick mit ein paar Karateschlägen k.o. schlägt und ans Bett fesselt: Der Spaß an der Rolle ist dem Schauspieler anzusehen.
 
Kreativ und für Theater-K-Verhältnisse aufwendig gemacht ist auch das Bühnenbild. Die Bruchbude, in der die drei hausen, ist mit Türen, Tapetenrollen, Einkaufswagen realistisch dargestellt. Hervorragend ist die Idee, auch die Fenster und das Dach des Theaters in das Bühnenbild einzufügen und so in das Stück einzupassen. Die laternenbeleuchteten gegenüberliegenden Häuser auf der Krefelder Straße, wo die von Davis verachteten "Schwarzen" (Inder) wohnen, spielen genauso ihre Rolle wie die Theaterfenster, aus denen ein Plummeau auf die Straße fliegt oder das Dach, auf das sich Davis zurückzieht. Es gehört schon Mut dazu, ein derart wortlastiges zweistündiges Stück, das noch dazu keinen klaren Ausgang hat, heutzutage zu spielen, doch dem Ensemble gelingt es, jeden Hänger und jede Langeweile zu verhindern.
 
Die Inszenierung im Theater K ist und bleibt Pinter, aber ein Pinter mit einem gewissen Plus. Berechtigter Applaus während und nach der Aufführung.
Klaus Schlupp