Premierenkritik Grenzecho (20.05.2014)
Aachen: Krimikomödie Galgenvögel im "K"
Zum Schluss war der Gatte der Dumme
"Auf der Welt hat nichts Bestand - ich will keine Träne sehen, fällt das Glas mir aus der Hand", singen die Schauspieler des Theaters K in Aachen am Schluss der "Galgenvögel" (Georges Feydeau), mit denen sie die Abschiedsfeiern einleiten.
Denn Abschied nimmt das Theater aus seinen Räumlichkeiten in der Krefelder Straße, die eine lange Geschichte in sich bergen. In den Fünfzigern und Sechzigern war es der Vergnügungstempel für die mittlere Generation. Ball der einsamen Herzen, Striptease, Auftritte von UFA-Stars wie Zarah Leander prägten die "Bastei", bis dann 1995 das Theater K die Räumlichkeiten provisorisch bezog und unter den strengen Augen des Bauordnungsamtes bis heute hielt.
Für die Theatermacher ist es ein Abschied in Dankbarkeit auch gegenüber dem Besitzer Hans Kahlen, dass so lange Zeit Verrücktes und Innovatives in diesen Räumen stattfinden konnte - bis es dem Aachener Architekten und Investor juristisch an den Kragen ging. "Wir wollen den Abschied zelebrieren und fröhlich feiern", sagt daher auch Annette Schmidt, die bei den "Galgenvögeln" die Regie führte.
Das Stück ist daher auch ein Wiedersehen mit Schauspielern wie Martin Päthel, Anton Schieffer und Barbara Portsteffen, die sich in letzter Zeit etwas rar gemacht haben.
Der Inhalt des Vaudevilles, so die Gattungsbezeichnung der französischen Boulevardkomödie, ist schnell erzählt. Der Ehemann (Anton Schieffer) der alternden Chansonette Pepita (hinreißend Mona Creutzer) denunziert den Hausfreund Taupinier (Martin Päthel) bei der Polizei als gesuchten Mörder. Doch dann kommt mit dem Provinzapotheker - oder Professor für Linguistik - "Lemercier" (Jochen Deuticke) jemand, der sich zufällig tatsächlich als Pseudonym den Namen des Mörders gegeben hat.
Und dann steigert sich das Stück in eine herrliche Karikatur der Karikatur. Annette Schmidt nimmt in ihrer Regie die Wesensmerkmale der Boulevardkomödie wie die übertriebene Darstellung auf und lässt die Schauspieler sie nochmals potenziert übertreiben.
Es ist einfach nur schreiend komisch zuzusehen, wenn sich die beiden harmlosen Figuren Taupinier und Lemarcier gegenseitig für Schwerstverbrecher halten und sich vor Angst bald in die Hose machen. Besonders gelungen ist auch der "Chor" der drei Dienstmädchen (Anna Scholten, Laura Thomas, Barbara Portsteffen), der ganz im Sinne des antiken Theaters das Geschehen durch Wort und Spiel kommentiert. Gelungen auch die Conference von Ismael Hawramy, der natürlich jeden einzelnen Zuschauer mit "bonsoir" begrüßt.
Man mag intellektuell denken und in dieser Aufführung eine Gattungskritik oder auch eine Kritik an der Sensationslüsternheit sehen, wenn um jede Ecke der vermeintliche Mörder guckt, in erster Linie ist die Inszenierung ein Riesenspaß für alle. Die Schauspieler geben in Übertreibung und Übermut einfach alles.
Zum Schluss ist dann - wir sind im tiefsten Boulevard - der Ehemann der Gelackmeierte, den die Polizei abführt. Es ist ein herrliches Theatervergnügen, das auch nach dem letzten Lied kein Ende hat.
Denn nicht nur zur Premiere, auch bei den anderen Terminen soll es unten im Foyer Rouge weitergehen, wo befreundete Künstler eingeladen sind, auf kleiner Bühne mit Sketchen oder Musik ihren Beitrag zum Abschied des Theaters K aus den angestammten Räumlichkeiten zu sagen. Zur Premierenparty sang unter anderem Jazzröhre Anirahtak mit Gitarrist Jürgen Sturm und am Saxofon Boris Bansbach ihr "Bye Bye Bastei".
Es fragt sich nur, wo denn nun die dritte Spielstätte des "K" sein wird. Man weiß es noch nicht, aber dass es weitergehen wird, ist sicher. Zumal ja jetzt noch neben den "Galgenvögeln" ein neues Stück auf dem Lousberg anläuft und der Beitrag zum Karlsjahr auf dem Programm steht. "Tschüss" zur Bastei sagt das Theater dann am 19. Juli und endgültig am 16. August mit jeweils einer Party - und das Theater K wäre kein Theater, wenn es nicht dort auch Überraschungen gäbe.
Klaus Schlupp
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