Premierenkritik Grenzecho (21.10.2014)

Theater K gastiert im Ludwig Forum - Das Stück lebt vom plötzlichen Rollenwechsel

Perplex - eine metaphysische Komödie

Was, verflixt noch einmal, ist eigentlich wirklich? Sind wir eigentlich wirklich auf der Welt oder einfach nur eine Projektion von irgendetwas? Ein Geflacker der Synapsen? Marius von Mayenburg hat um diese Weltfragen eine Komödie gestrickt.
 
Vier Schauspieler, die ihre bürgerlichen Vornamen als Figur behalten, spielen einfach so drauflos. Einfach so? Nein, dieses Stück ist perfekt gebaut und doch in dieser Perfektion Schauplatz von zwerchfellerschütternden Verwirrungen und Irrungen. Ein Spiel mit Philosophie und den Formen des Theaters: Das ist "Perplex", das zurzeit im Aachener Theater K läuft.
 
Entscheidend für den Fluss und die Glaubwürdigkeit sind die Leistungen der Darsteller. Denn jede der vier Figuren - klassisch zwei Männer und zwei Frauen - muss alle paar Minuten in eine neue Rolle gleiten, während die anderen in ihrer Rolle verharren. Und das gelingt Annette Schmidt, Anush Manoukian, Martin Päthel und Anton Schieffer in genialer Weise. Die Rollenwechsel sind urplötzlich da, aus der Hausfrau Anush wird auf einmal das Au-Pair-Mädchen in einem anderen Umfeld, langsam wandelt sich das Haus von Anush und Anton zu dem von Annette und Martin und die beiden ersten sehen sich als Gäste im eigenen Haus wieder. Der kleine Junge Anton, der im Schrank des Urlaubsquartiers eine SS-Uniform gefunden hat, wird plötzlich zum erwachsenen Kostümballbesucher, der sich mit seiner Frau um die Uniform streitet. Egal, ob Annette Schmidt von der Hausfrau zur Nazibraut zum Flittchen mutiert, Anton Schieffer als Kind, Erwachsener, Schauspieler in Schauspiel, Martin Päthel oder Anush Manoukian, die noch ihre Szene spielt, als die Bühne schon abgebaut ist: Es ist eine grandiose Leistung aller.
 
Und es ist auch die Leistung des Regisseurs Thomas Sauerteig, dass dieses Verwirrspiel eben nicht als Klamotte missbraucht wird, sondern als das dargestellt ist, was es vom Autor sein soll: Eine hochintelligent gebaute Farce, die aus dem Spiel der wechselnden Realitäten ihre Kraft nimmt.
 
Aufführungen im Ludwig Forum, Jülicher Straße 97-109, Aachen
Klaus Schlupp