Premierenkritik Spaziergänger AN/AZ-Kultur (11.06.2013)

Mord im Grünen

Theater K zeigt besonderen Open-Air-Abend
 
Das Wetter hätte zweifellos schöner sein können beim luftigen Spiel hinter den Säulen des Lousbergs, andererseits passte der eher kühle Abendhauch wunderbar zum mörderischen Geschehen.
 
"Spaziergänger - Stadtmenschen und ihr seltsames Gebaren an Freiluft und im Grünen" nennt sich die satirische Collage, frei und hinreißend dargeboten nach Alfred Döblins expressionistischer Erzählung "Die Ermordung einer Butterblume". Umkränzt wird die "Butterblume" durch Texte von Anna Seghers, Robert Walser und den Gebrüdern Grimm.
 
Wenn Stadtmenschen in die Natur eilen, ist das Picknick nicht weit. So sind auch auf dem Lousberg die zahlreichen Zuschauer eigens dazu aufgerufen, sich mit Proviant, Decken, Wein oder Wasser sowie Klappstühlchen auf das "Naturereignis" einzustellen. Fantastisch gelungen ist der Auftritt von Anton Schieffer und Jochen Deuticke: der Butterblumen-Mörder Michael Fischer im Doppelpack! Mit Melone, Spazierstock und elegantem Ausgeh-Anzug ergehen sich die Herren in Slapstick-Manier (eine schauspielerische Glanzleistung), erfrischen sich an den würzigen Düften des Waldes und bewundern seine Flora. Bis ganz jäh sich die Stöcke in wurzeligem Geranke verfangen. Von anarchischer Wut erfasst, schlagen die Doppelgänger wild um sich. So wird eine Butterblume zum Opfer . . . Eine Natur, die sich dem Spießbürger entgegenstellt, ist nicht tragbar!
 
"Die Ermordung einer Butterblume" gipfelt hier in unglaublich komischen Szenen, träumerisch unterbrochen von Mona Creutzer als rosa Waldfee oder tatkräftige Wanderin. Selbst eine Geisha (Birgit Jansen) passt gut ins Bild. Unheimlich schön auch der Ausflug in die märchenhaften Gefilde der Gebrüder Grimm, wobei Annette Schmidt die Regie-Fäden immer bezaubernd fein in der Hand hat. So auch bei den köstlichen Szenen, in denen das Mörder-Duo das Opferblümchen erst hätscheln, bestechen und schließlich "beseitigen" will. Ein ganz besonderer Open-Air-Abend mit einem tollen Bühnenbild: der Natur selbst!
Grit Schorn