Premierenkritik Spaziergänger KLenkes (Juli 2013)

Mord im Wald

Alljährlich lockt es das Theater K in die freie Natur, um dort ein Open-Air-Stück aufzuführen. In diesem Jahr ist es die Inszenierung "Spaziergänger" von Annette Schmidt, basierend auf der Erzählung "Die Ermordung einer Butterblume" von Alfred Döblin.
 
"Ach, im Wald ist alles verständlich", frohlockt Rotkäppchen, während es über Hügel und Wiesen tanzt. Das sieht Herr Fischer, gespielt von Jochen Deuticke und Anton Schieffer, ganz anders.Voller Ironie und Charme stellen sie den stereotypen oberflächlichen Stadtmenschen dar, der immer darauf bedacht ist, seine kultivierte und gestriegelte Fassade nicht fallen zu lassen.
 
Synchron stolzieren Deuticke und Schiffer durch den Wald, der Natur überlegen, ja sogar diese verachtend. Doch wie einst Homo Faber muss nun auch Herr Fischer erkennen, dass menschliche Ordnung und Gesetze vor der Natur keine Rolle spielen und ihrer Übermacht manchmal weichen müssen.
 
Das Unheil der Geschichte ist simpel , aber verheerend: Fischer enthauptet eine kleine Butterblume mit seinem Spazierstock. Einfach so. Weil er es kann.
 
"Mord", sagt ihm sein Gewissen. Wo sich eben noch sein Übermut befand, macht sich nun eine große Paranoia breit. Schließlich hat er einfach so eine Unschuldige ermordet. Panisch und verzweifelt wüsten die beiden Darsteller einer gespaltenen Persönlichkeit gleich durch die Büsche. Deuticke und Schieffer lassen den Zuschauer stets wissen, dass ihnen sehr wohl bewusst ist, wie absurd es erscheinen mag, dass sie beide ein und dieselbe Person spielen.
 
Durch die einzelnen Szenen tänzelt Mona Creutzer mal als Mutter Natur im Flatterkleid, mal als Rotkäppchen über die Bühne. Mal genießt sie in Begleitung von Birgit Jansen als quietschendes Madl im Blumenkleid die Natur, dann wieder als verzückte Wanderin.
 
Für Bühne und Licht sorgt Fischers Erzfeindin: die Natur persönlich. Eingebettet in ihrer ruhigen Harmonie, betrachtet der Zuschauer den Fall des Herrn Fischer von Ordnung und Achtsamkeit bis hin zum unkontrollierten Wahnsinn.
vs